Morgens ab sieben werden Brote geschmiert

WÜRZBURG
Morgens ab sieben werden Brote geschmiert

Foto: Pat Christ

Die Würzburger Kindertafel versorgt über 120 Schüler mit gesunden Pausenmahlzeiten

Wer sich falsch ernährt, ist weniger gesund und leistungsfähig. Wird häufiger krank. Oder übergewichtig. Besonders fatal ist falsche oder mangelhafte Ernährung für Kinder, sagt Uschi Scheler von der Würzburger Kindertafel: „Ein hungriges Kind kann nicht lernen. Wenn der Magen knurrt, ist es mit der Konzentration vorbei.“

Seit mehr als einem Jahr versorgt die Kindertafel Erst- bis Viertklässler, die ohne ein Sandwich im Schulranzen aus dem Haus gehen, mit Pausenbrot, Obst und Getränk.

Gummibärchen oder Noisetteschokolade, das alles schmeckt natürlich superlecker, ist in der Pausenbrottüte der Kindertafel jedoch tabu. „Es gibt süßes Obst und ganz selten Mal ein Marmeladenbrot“, sagt Vorstandsmitglied Peter Estenfelder. Dem Team ist es wichtig, dass die Grund- und Förderschüler wirklich etwas Nahrhaftes zum Essen bekommen.

Meist gibt es Käse in verschiedenen Variationen. „Von Wurst sind wir abgekommen, da es immer wieder zu Problemen mit muslimischen und jüdischen Kindern kam“, erklärt Estenfelder.

Durchschnittlich 1,65 Euro gibt die Kindertafel pro Pausenbrot täglich aus. Mehr als 120 Brote wurden im vergangenen Schuljahr jeden Morgen ab 7 Uhr geschmiert, eingepackt und ab 8 Uhr an die Schulen ausgeliefert. Das Ganze geschieht in einer Privatwohnung im Stadtteil Heidingsfeld.

Rund 30 Freiwillige teilen sich in den Dienst. Sechs bis sieben treten pro Schicht an. Für manche Schule werden zehn, für eine andere 40 Brote zubereitet.

Die Würzburger Kindertafel ist ein starkes Glied in der kommunalen Präventionskette gegen Kinderarmut. Seit sechs Jahren wird die Tatsache, dass auch in Würzburg viele Kinder am Rand des Existenzminimums leben, verstärkt in den Blick genommen. So legte die Stadt 2007 einen mit 25 000 Euro dotierten Nothilfefonds für arme Familien auf. Außerdem übernimmt sie für Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien die Mitgliedsbeiträge von Sportvereinen.

Zur Kindertafel gibt es einen entscheidenden Unterschied, so Estenfelder: „Bei uns muss man keine Bescheinigung vorlegen, dass man bedürftig ist.“ Ausnahmslos jedes Kind ohne Pausenbrot wird unterstützt.

Produkte mit überschrittenem Mindesthaltbarkeitsdatum kommen nicht auf die Brote. Selbst wenn sie noch gut wären. Die Kindertafel legt auf Frische Wert. Schwierig ist für die Mitglieder, dass sie noch nicht über geeignete Räumlichkeiten verfügen, in denen die Brote vorbereitet werden können. Die Privatküche in Heidingsfeld kann nur eine Übergangslösung sein. Denn hier ist es nicht möglich, größere Mengen an Lebensmittel fachgerecht zu kühlen und zu lagern. „Wir suchen nach Räumen in der Stadtmitte“, sagt Estenfelder. Die müssten allerdings zu einer sehr geringen Miete anzumieten sein: „Denn jeder Mieteuro geht ja von den Pausenbroten für die Kinder weg.“

Dass ein sechsjähriges Kind morgens ohne Frühstück und Pausenbrot in die Schule geschickt wird, ist eigentlich unfassbar. „Doch es passiert. Und es gibt viele Gründe dafür“, sagt Uschi Scheler. Armut ist ein Hauptgrund. Aber auch Kinder von psychisch kranken Eltern treten morgens nicht selten ohne Wegzehrung den Gang in ihre Schule an.

„Der Bedarf nach Unterstützung ist sehr groß“, betont die Waldbüttelbrunnerin. „Größer, als wir ihn bewältigen können.“ Derzeit werden lediglich die Kinder von acht Würzburger Grund- und Förderschulen von der Kindertafel versorgt. Doch es gäbe noch mehr Schulen, die in das Projekt integriert werden könnten. Was aber nur mit weiteren Sponsoren möglich wäre.

Die laufenden Ausgaben betragen derzeit 36 000 Euro im Jahr. „Wir kratzen und kratzen, damit wir das Geld zusammenbekommen“, sagt Peter Estenfelder. Angefangen habe der Verein „mit nichts“, ergänzt Schriftführerin Scheler. Lange habe die Bäckerei Schiffer die Brote gespendet. Allmählich wuchs der Kreis der Sponsoren und Fördermitglieder. Heute wird die Kindertafel vor allem von der Firma Gebrüder Götz unterstützt.

Das Unternehmen knobelt ständig neue Pläne aus, um Geld für die Kindertafel aufzutreiben. Bei der aktuellen Charity-Aktion zum Schulanfang werden Turnbeutel zugunsten der Kindertafel zum Verkauf angeboten. Außerdem helfen Azubis einmal pro Woche vor Arbeitsbeginn, Dutzende Pausenbrote in Heidingsfeld zu schmieren.

Quelle: Main Post
Artikel von  Pat Christ